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Eisstrom

Der Begriff Eisstrom ist – neben seiner Verwendung als anschauliches Synonym für Gletscher – ein glaziologischer Fachbegriff, der dem englischen Begriff „Ice stream“ entspricht. Dieser bezeichnet Bereiche von Eisschilden, die sich vom umgebenden Eis durch höhere Fließgeschwindigkeiten unterscheiden. Über sie fließt ein Großteil des Eises der Eisschilde ab – beim Antarktischen Eisschild sind dies 90 %, obwohl Eisströme nur 13 % der antarktischen Küstenlinie ausmachen. Die Fließgeschwindigkeit der Eisströme liegt oft deutlich über der von Gebirgsgletschern.

Eisströme im engeren Sinne sind dabei nicht durch sichtbare Felsformationen seitlich begrenzt. Wenn sie dies sind, handelt es sich um Auslassgletscher. Allerdings ermöglicht diese Definition in der Praxis keine sinnvolle Abgrenzung. Dies wird besonders deutlich beim Rutford-Eisstrom in der Antarktis, der nur auf einer Seite von Bergen begrenzt ist, auf der anderen Seite aber von sich langsamer bewegenden Eismassen. Bei der Definition im weiteren Sinne werden schnell fließende, durch Eisströme gespeiste Auslassgletscher einbezogen.

Als weltweit größter Eisstrom gilt der Lambertgletscher in der Antarktis. Der am schnellsten fließende bekannte Eisstrom ist der Jakobshavn Isbræ in Westgrönland. Dieser fließt unter normalen Umständen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 7 Kilometern pro Jahr. 1996 und in den folgenden Jahren wurde zeitweise eine Verdoppelung dieser Geschwindigkeit auf 14 Kilometer pro Jahr festgestellt. Dies zeigt die große Dynamik, die Eisströme entwickeln können. In der Antarktis wurden sogar Eisströme beobachtet, die ihre Fließrichtung in relativ kurzer Zeit änderten.

Morphologie

Aufgrund der höheren Fließgeschwindigkeit ziehen Eisströme das umgebende Eis nach unten. Dadurch liegt die Oberfläche eines Eisstroms tiefer als die des flankierenden Eises. Zwischen diesem und dem Eisstrom bilden sich riesige Längsspalten, die auf Satellitenaufnahmen gut zu sehen sind und mit zur Entdeckung der Eisströme geführt haben. In Längsrichtung unterscheidet sich das Oberflächenprofil eines Eisstroms von dem „normal“ fließenden Eises eines Eisschilds. Während die Form eines Eisschild an eine Parabelform erinnert und die Neigung mit der Entfernung von der Eisscheide zunimmt, ist ein Eisstrom an seinem Anfangspunkt am steilsten und wird flacher. Somit ist sein Oberflächenprofil entlang der Flusslinie konvex, im Gegensatz zur vorherrschenden konkaven Form der Eisschildoberfläche. Fast alle Eisströme enden im Meer, oft speisen sie einen Eisschelf.

Gründe für die hohen Fließgeschwindigkeiten

Die unterschiedliche Verhalten verschiedener Eisströme legt nahe, dass es verschiedene Ursachen für die hohen Fließgeschwindigkeiten von Eisströmen gibt:

  • Topografische Ursachen: Die meisten Eisströme fließen entlang von subglazialen Talstrukturen. Am größten ist der Einfluss der Topografie des Untergrunds am Rand der Eisschilde, wo sie am dünnsten sind. Grundsätzlich konzentriert sich der Eisfluss von Gletschern in Bereichen, an denen der Gletschergrund am tiefsten eingesenkt ist. Dass Eisströme die hohe Geschwindigkeit in den unteren Bereichen beibehalten oder sogar steigern, ist aber allein durch die Topografie nicht zu erklären.
  • Abnahme der Viskosität (Zähflüssigkeit) des Eises: Die Konzentration des Eisflusses in einem Bereich führt zu hohen Spannungen und somit zu Reibungswärme. Diese führt zur Temperaturerhöhung im Inneren und macht das Eis weicher.
  • „Schmierung“ am Gletschergrund: Bei den meisten Eisströmen geht man davon aus, dass flüssiges Wasser und basales Gleiten eine große Rolle spielt, und der Gletschergrund sehr gleitfähig ist. Bohrungen am Whillans-Eisstrom haben gezeigt, dass das Gletscherbett aus Schutt besteht, der einen hohen Anteil von Tonmineralien aufweist, und der Wasserdruck an der Schnittstelle von Eis und Schutt nahezu dem Druck entspricht, den das aufliegende Eis ausübt. Entweder entkoppelt dieser hohe Druck das Eis von seinem Bett oder es schwächt die Formstabilität des Schutts am Untergrund und ermöglicht so dessen Verformung, was das Gleiten begünstigt – oder beides.

Fließgeschwindigkeit des Eises des Antarktischen Eisschilds

Fließgeschwindigkeit des Eises des Antarktischen Eisschilds.

Die blau, gelb oder weiß gefärbten Bereiche kennzeichnen die schneller fließenden Eisströme.


Siehe auch

Weblinks

Quellen

Bildernachweis